Interview mit Stephan Wenk

25. August 2023

Fotos: Scott/ZVG

Stephan Wenk war zu Beginn seiner Karriere lange als Duathlet aktiv, konzentrierte sich danach immer stärker auf Berg- und Trailläufe und gewann unter anderem den legendären K68 bei den X-Trails Davos und war Zweiter beim Jungfrau-Marathon. Ob er ab und zu bei den Wettkämpfen marschiert, Muskelkater bekommt oder die Stöcke mitnimmt, verrät der 40-Jährige im Interview.

Du bist seit 25 Jahren als Duathlet und vor allem als Berg- und Trailläufer aktiv. Hast du noch keine Abnützungserscheinungen nach so vielen Jahren Leistungssport?

Nein, eigentlich nicht. Das Laufen gehört zu meinem Leben einfach dazu, das ist auch heute noch so und wird hoffentlich noch lange so bleiben. Aber jetzt mit 40 beginne ich schon langsam zu überlegen, wie meine läuferische Zukunft aussehen könnte. Obwohl ich viele Freiheiten habe, ist der Eventkalender im Nationalkader teils vorgegeben. Langfristig möchte ich künftig gewisse Läufe einfach aus Abenteuerlust und weniger resultatorientiert bestreiten, soweit dies mit Familie und Arbeit vereinbar ist.

Zum Beispiel?

Der Wildstrubel by UTMB über 113 Kilometer reizt mich. Eigentlich bin ich stärker über kürzere Distanzen, aber ich möchte gerne einmal einen langen Ultralauf machen.

Wie trainiert man so lange Distanzen?

Indem man sicher auch mal im Training sechs bis sieben Stunden unterwegs ist. Normalerweise laufe ich nicht länger als drei bis vier Stunden.

Trainierst du auch mal mit Stöcken?

Bislang nicht, denn bei normalen Distanzen ist das Laufen ohne Stöcke schneller, die Besten laufen alle ohne. Aber bei einem Ultra würde ich es versuchen. Mit Stöcken ist koordinativ gar nicht so einfach und meine Oberarmmuskeln sind sich die Belastung noch nicht gewohnt. In steilen Aufstiegen kann man mit Stöcken die Oberschenkelmuskulatur entlasten.

Marschierst du ab und zu bergauf?

Ja, wenn's lange bergauf geht, sogar schon recht bald. Oder ich kombiniere Gehen und Laufen im Wechsel und versuche so, die Muskulatur unterschiedlich zu belasten. Es gibt aber auch andere wie Rémi Bonnet, der rennt praktisch immer, auch bergauf.

Wie teilst du dir ein Rennen ein? Nach Puls, Tempo, Rennkonstellation, Gefühl?

In erster Linie nach Gefühl. Je nach Rennsituation lasse ich mich aber schon auch mal mitziehen, obwohl man dann aufpassen muss, dass man sich nicht übernimmt.

Pulsvorgaben?

Nein, habe ich keine. Ich weiss auch nicht, welchen Puls ich im Wettkampf habe. Ich versuche einfach, nicht zu früh in den roten Bereich zu geraten.

Im Bikesport kann die Reifenwahl entscheidend sein, wie siehts beim Trailrunning mit der Schuhwahl aus?

Ich bevorzuge einen direkten Schuh mit den Füssen nah am Boden. Deshalb laufe ich praktisch immer dieselben Schuhe, den Scott Supertrac RC, der funktioniert für mich überall gut. Im Training trage ich ab und zu auch ein Karbon-Modell. Da ist man weiter vom Boden weg, spürt dafür aber die spitzen Steine weniger in der Fusssohle.

Den K68 der X-Trails Davos hast du letztes Jahr gewonnen, heuer bist du Zweiter geworden. Auf den 68 Kilometern geht es 2644 Höhenmeter rauf und runter. Gibt das jeweils Muskelkater?

Nein, bei mir nicht mehr. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man regelmässig auch im Training runterläuft, was ich aber mache. Ich bin die exzentrische Belastung gewohnt.

Rennst du schnell runter?

Ich versuche es (lacht). Obwohl mir bei einzelnen Rennen die schnellsten Bergabläufer auf 25 Minuten rund 5 Minuten abnehmen! Es geht also scheinbar noch wesentlich schneller.

Woran liegt das?

Schwer zu sagen. Ich habe lange Hebel, einen hohen Schwerpunkt und wenig Muskelmasse. Das ist gut im gemässigten Gelände, aber weniger gut für schnelle Richtungswechsel und das Bergablaufen.

Was trägst du bei einem Wettkampf mit?

Grundsätzlich minimalistisch das vorgeschriebene Material, je nach Witterung zusätzlich eine leichte Jacke. Bei der Verpflegung hingegen lohnt es sich, nicht zu sparen und sicher genug dabei zu haben. Etwa alle 30 Minuten nehme ich ein Gel ein, dazu habe ich zwei Getränkeflasks, um die Energiezufuhr konstant auf möglichst hohem Niveau zu halten. Ich nehme das Pulver mit, da kann ich bei Verpflegungsposten einfach Wasser hinzufügen. Wenn es das mitzunehmende Gepäck zulässt, versuche ich auf einen Rucksack zu verzichten zugunsten des Komforts und einer besseren Bewegungsfreiheit.

Welche Trainingstipps gibst du Hobbyläufern, die es mit Trailrunning versuchen wollen?

Beim Trailrunning ist die Belastung sehr unterschiedlich, entsprechend vielseitig sollte man auch trainieren. Ich mache alles, Intervalle, Tempospiele wie zum Beispiel 5-6 Mal je 1 km schnell und langsam im Wechsel, dazu aber auch Kraftübungen, Balancetraining oder Beinachsenübungen. Oder ein Krafttraining direkt am Berg, indem ich 1450 Höhenmeter auf 5 Kilometer meinen Hausberg hochrenne, den Federispitz. Für lange Wettkämpfe braucht es auch lange Läufe im Training. Die Variation ist mir wichtig, aber alles erfolgt sehr intuitiv und ohne striktes Trainingsregime.